Birgittinischer Kalender: November

Geweiht der Tröstung der armen Seelen

1. November
Meine Braut! Ehre die Heiligen; sie sind wie zahllose Sterne, deren Licht und Glanz mit keinem irdischen Licht verglichen werden kann. Wenn die Heiligen in der Klarheit erschienen, wie sie sind, so würde das kein menschliches Auge ertragen können. [1. B. 20. K.]

2. November
Meine Braut! Wisse, dass so wie die Sünden mannigfaltig sind, so sind auch die Peinen des Fegefeuers vielfach und verschiedenartig. Wie sich nun Hungernde an Speisen erfreuen und Dürstende am Getränk, so erfreuen sich die Seelen im Fegefeuer, indem sei des Guten teilhaftig werden, das für sie geschieht. [3. B. 24. K.]

3. November
Meine Braut! Die Seelen im Fegefeuer werden betrübt am Gehör, weil sei nur Schmerz und Pein vernehmen; sie werden gequält durchs Gesicht, weil sie nichts sehen als ihr Elend, und sie werden gepeinigt am Gefühl, weil sie die Hitze des unerträglichen Feuers zu erdulden haben. [1. B. 50. K.]

4. November
Meine Tochter! Es gibt im Fegefeuer keine Pein, die nicht meinetwegen erträglicher und leichter wäre, als es sonst der Fall sein würde; auch ist niemand so verworfen, dass ihm, solange er lebt, meine Barmherzigkeit abginge. So erklärte die göttliche Mutter der Braut. [6. B. 10. K.]

5. November
Meine Braut! Misstraue meiner Güte nicht; ebenso wie Zacharias und Elisabeth sich wegen der Verheißung eines künftigen Sprosses innerlich einer unaussprechlichen Freude hingaben, so sollst auch du dich über die Gnade Freuden ,die ich dir erwiesen habe. [1. B. 20. K.]

6. November
Meine Braut! Je größere Hilfen die Seelen im Fegefeuer durch die Fürbitte ihrer Freunde erhalten, desto schneller werden sie gesund und aus dem Ort ihrer Peinen befreit. [4. B. 7. K.]

7. November
Meine Braut! Keine Sünde wird in mein Gericht kommen, die in deinem Leben abgebüßt wurde; diejenigen aber, die nicht gesühnt wurden, werden entweder im Fegefeuer gereinigt oder durch einen anderen verborgenen Ratschluß. [1. B. 36. K.]

8. November
Meine Braut! Der, für den du gebeten hast, wurde, als er vor mein Gericht kam, wegen seines guten Willens, sich zu besseren und wegen des schweren Leidens vor seinem Tod gnädig gerichtet; doch wird seine Seele im Fegefeuer eine so schwere Pein zu erdulden haben, dass es keinen Sterblichen gibt, der sie sich vorstellen könnte; denn er war mir gegenüber viel zu lässig und hat sein ganzes Leben mir entgegengesetzt eingerichtet. Was werden nun erst diejenigen leiden, die hier alles nach ihrem Willen haben und von keiner Trübsal geplagt werden. [6. B. 2. K.]

9. November
Meine Tochter! Ich bin die Mutter aller, auch jener, die sich im Fegefeuer befinden, weil alle Strafen, die die Seelen dort für ihre Sünden zu erdulden haben, um meines Gebetes willen stündlich etwas gemildert werden. [4. B. 138. K.]

10. November
Meine Braut! Ich kenne und betrachte die Wege aller und gebe acht, was jedem gebührt, weil ich ein schärferes Auge habe, um wissen zu können, welche Bewandtnis es mit dem Menschen hat, als er selbst es zu erkennen vermag. [2. B. 1. K.]

11. November
Meine Braut! Die Menschen wollen zwar gerne glauben, dass ich barmherzig, nicht aber, das ich auch ein gerechter Richter bin; doch ich bin so gerecht als barmherzig, so dass ich nicht die kleinste Sünde unbestraft und auch nicht das geringste Gute unbelohnt lasse. [1. B. 5. K.]

12. November
Meine Braut! Die Hölle ist von innen so glühend, dass, wenn die Welt mit allem, was sie in sich enthält, brennen würde, sie der großen Glut nicht ähnlich würde. Du sollst aber wissen, dass das Feuer, das hier ist, in ewiger Finsternis brennt, die Seelen aber, die sich in ihm befinden, nicht alle die gleiche Pein erleiden; an diesem Ort werden nur Stimmen vernommen, die alle gegen Gott sind; alle ihre Rufe beginnen und enden mit: Wehe! [4. B. 7. K.]

13. November
Meine Braut! Die Augen deiner Seele sollen einfältig sein, wie die einer Taube, das heißt, deine Gedanken sollen allezeit bei meiner Liebe und bei meinem Leiden und auf die Werke und Lehren meiner Heiligen ausgerichtet sein. [4. B. 82. K.]

14. November
Meine Braut! Ich kann das Sprichwort, das im Mund des Volkes geführt wird: „Wer geduldig ist, den verachten alle“ auf mich anwenden; denn ich wurde wegen meiner Geduld und Langmut von den Menschen gleichsam für dumm gehalten und verachtet; aber wehe ihnen, wenn ich ihnen nach einer derartigen Geduld meine Gesicht zeigen werde. Sie werden dann vor mir sein wie Kot, der in die Tiefe sinkt und nicht eher Boden findet, bis er in der Tiefe der Hölle angelangt sein wird. [1. B. 19. K.]

15. November
Meine Braut! Deine Seele, die mir süß und angenehm ist, muss so lange im Körper geprüft und gereinigt werden, bis Leib und Seele zusammenstimmen, so dass das Fleisch dem Geist gehorcht und der Geist das Fleisch zu jeglicher Tugend leitet und sie beide dieselbe Art der Enthaltsamkeit erreicht haben. [1. B. 33. K.]

16. November
Meine Braut! Es ist den Menschen leid, wenn sie die beleidigen, die höher stehen als sie, allein mich, den Schöpfer des Weltalls, zu beleidigen, verursacht ihnen keinen Schmerz; sie haben nichts auch noch so Geringes, das sie nicht mehr liebten als mich; für alles tragen sie Leid, nur für mich nicht. [1. B. 46. K.]

17. November
Meine Tochter! Die Betrachtung meiner Demut ist wie ein guter Mantel, der diejenigen erwärmt, die ihn tragen, denn ein leiblicher Mantel wärmt auch nur, wenn er getragen wird, und so nützt auch die Betrachtung meiner Demut denjenigen nichts, die sich nicht befleißigen, ihr nachzufolgen. [2. B. 23. K.]

18. November
Meine Braut! An einem Baum sind viele Blüten, es gelangen jedoch nicht alle zur Frucht; so gibt es viele tugendhafte Werke, aber nicht alle verdienen die himmlische Belohnung, denn Fasten, Gebet, Besuch der Stätten der Heiligen sind fromme Werke; wenn sie aber nicht in der Gesinnung geschehen, dass der Mensch immer festhält, er durchdringe nur mittels der Demut den Himmel und sei in allem ein unnützer Knecht, so nützen sie nur wenig für die Ewigkeit. [4. B. 26. K.]

19. November
Meine Braut! Die hl. Elisabeth, die Tochter eines Königs, hat, obwohl zart erzogen und edel verheiratet, große Armut und Verachtung erduldet; sie erhielt aber von Gott in ihrer Armut größeren Trost, als ihr die Ehren der Welt je hätten bieten können. [4. B. 4. K.]

20. November
Meine Braut! Was ist der gute Geist anderes als Gott; wie aber der Mensch nicht fühlt, woher und wie die Süßigkeit des Heiligen Geistes in sein herz eindringt, ebenso kann er sie im gegenwärtigen Leben auch nie vollkommen genießen. [6. B. 38. K.]

21. November
Meine Tochter! Als die Zeit nahte, wo nach dem Gesetz die Jungfrauen im Tempel des Herrn dargestellt wurden, fand auch ich mich unter ihnen ein; ich gelobte Gott in meinem Herzen, die Jungfräulichkeit zu bewahren, nichts auf der Welt zu besitzen, und stellte ihm meinen ganzen Willen anheim. Dies offenbarte die göttliche Mutter der Braut. [1. B. 10. K.]

22. November
Meine Braut! Wer die Eitelkeit der Welt und alles Überflüssige von sich tut und sich an dem blossen Notwendigen genug sein lässt und in der Liebe Gottes wirkt, so viel er kann, der hat die wahre Weisheit. [2. B. 25. K.]

23. November
Meine Braut! Die Trennung der Seele vom Leib ist bei den gerechten nur wie ein Schlaf, weil sie im ewigen Leben erwachen; das ist aber ein Tod zu nennen, wenn eine vom Leib geschiedene Seele im ewigen Tod lebt. [4. B. 40. K.]

24. November
Meine Braut! Bei allen Versuchungen und Widerwärtigkeiten sollst du sprechen: Herr, dein Wille geschehe; denn diejenigen, welche sich mir ganz überlassen und vertrauen, verteidige ich mit meiner Macht. Ich erquicke sie durch meine Barmherzigkeit, suche sie heim mit meinem Trost, erleuchte sie mit meiner Weisheit und lohne ihnen tausendfältig mit meiner Liebe. [4. B. 47. K.]

25. November
Meine Braut! Wenn du der himmlischen Weisheit folgen willst, so wird sie dich auf einen sehr hohen Berg führen, doch auf dem Weg dorthin haben die Füße die Härte der Steine unter sich, und das Erklimmen des Berges ist mühsam und steil. [2. B. 22. K.]

26. November
Meine Braut! Siehe, wie großen Jammer die Sünder für die Verachtung ihres Gottes und für ein flüchtiges Glück haben werden; darum danke mir; dass ich dich aus solchem Elend gerufen habe. [2. B. 8. K.]

27. November
Meine Braut! Wahrlich, die Menschen beachten nicht und kümmern sich nicht um das, was ich aus Liebe für sie getan habe; sie sehen, dass sie sterblich sind und der Zeitpunkt ihres Todes ungewiss ist; sie hören von meinen Gerichten, die ich der Sünde wegen an Fürsten und Völkern geübt habe. Für alles sind sie wie blind; sie wandeln sich das Zeitliche in Pein und das, was zu nichts nütze ist, in ewige Strafe. [1. B. 44. K.]

28. November
Meine Braut! In jener zeit, die mir allein bekannt ist, wir d der Antichrist kommen, wenn nämlich die Ungerechtigkeit das Maß überstiegen hat und die Gottlosigkeit ins Unermessliche gewachsen sein wird; du sollst auch wissen, dass zuvor noch den Heidenvölkern die Pforte des Glaubens erschlossen werden wird. [6. B. 67. K.]

29. November
Meine Braut! Keine Sünde ist so schwer, dass sie nicht durch Reue und Buße hinweggewaschen werden könnte. [1. B. 26. K.]

30. November
Meine Braut! Ziehe hin in jene Stadt zu den Reliquien meines Apostels Andreas, dessen Leib mein Tempel war und dessen Seele mit allen Tugenden geschmückt ist; es hat sich meines Kreuzes nicht geschämt, sondern es mit Freude getragen. [6. B. 107. K.]