Im 7. Buch der himmlischen Offenbarungen der Heiligen Birgitta hat Birgitta bei ihrem Besuch in Bethlehem im Sommer 1372 eine Vision von der Geburt Jesu. Nachfolgend haben wir Ihnen passend zur Weihnachtszeit die Kapitel 21 bis 24 aus besagtem 7. Buch aufbereitet.
Kapitel 21
Gesicht, welches Frau Birgitta in Bethlehem gehabt hat, wo die Jungfrau Maria ihr die ganze Art ihrer Geburt gezeigt hat, wie sie ihren glorreichen Sohn geboren hat, so wie die Jungfrau selber ebendieser Frau Birgitta vor fünfzehn Jahren in Rom versprochen hatte (siehe Rev. VII 1:6), ehe sie nach Bethlehem ging, wie im ersten Kapitel dieses letzten Buches offenbar wird.
„Als ich an der Krippe des Herrn zu Bethlehem war, sah ich eine sehr schöne Jungfrau; sie war schwanger und trug einen weißen Mantel und ein feines Unterkleid, durch das hindurch ich von außen ihr jungfräuliches Fleisch deutlich sah. 2 Ihr Leib war voll und sehr angeschwollen, denn sie stand vor ihrer Niederkunft. Bei ihr befand sich ein sehr ehrwürdiger alter Mann, und beide hatten einen Ochsen und einen Esel bei sich. 3 Als sie die Höhle betreten hatten, band der alte Mann den Ochsen und den Esel an die Krippe, ging hinaus, brachte der Jungfrau eine brennende Kerze, befestigte sie an der Wand und ging nach draußen, um nicht persönlich bei der Geburt anwesend zu sein. 4 Die Jungfrau aber streifte die Schuhe von den Füßen, legte den weißen Mantel ab, mit dem sie bedeckt war, entfernte den Schleier von ihrem Haupt, legte diese Dinge neben sich nieder und blieb im bloßen Unterkleid; ihre überaus schönen, wie Gold schimmernden Haare hingen ausgebreitet über ihre Schultern hinab. 5 Und dann zog sie zwei leinene und zwei wollene, ganz saubere und reine Tüchlein hervor, die sie bei sich trug, um das Kind, das gerade geboren werden sollte, damit einzuwickeln, ebenso zwei andere Leinentüchlein zum Bedecken und Einbinden seines Kopfes; auch diese legte sie neben sich, um sie zu gegebener Zeit zu verwenden.
6 Nachdem alles auf diese Weise vorbereitet worden war, beugte die Jungfrau in großer Ehrfurcht die Knie und begab sich ins Gebet; dabei hatte sie den Rücken an die Krippe gelehnt, das Gesicht aber gegen Osten zum Himmel erhoben. 7 Also stand sie mit erhobenen Händen und die Augen zum Himmel gerichtet da, gleichsam in der Ekstase der Betrachtung befindlich und trunken von göttlicher Süßigkeit. 8 Als sie sich nun so im Gebet befand, sah ich, wie sich das in ihrem Schoß liegende Kind bewegte, und sofort, in einem Moment und Augenblick, in einem Nu gebar sie den Sohn geboren, von dem ein so großes unaussprechliches Licht und solcher Glanz ausging, dass die Sonne nicht damit zu vergleichen war. 9 und auch nicht jene Kerze, die der alte Mann aufgesteckt hatte, welches Licht auch immer sie zurückwarf; denn jener göttliche Glanz hatte den irdischen Schein der Kerze ganz vernichtet.
10 Und so plötzlich und augenblicklich war jene Art des Gebärens, dass ich weder beobachten noch unterscheiden konnte, weder in welcher Weise noch aus welchem Teil des Körpers sie gebar. 11 Sondern ich sah sofort das glorreiche Kind nackt und ganz leuchtend am Boden liegen. Sein Fleisch war vollkommen sauber von jedem Schmutz und jeder Unreinheit. 12 Ich sah auch die Haut der Nachgeburt daneben liegen, zusammengewickelt und ganz glänzend. Ich hörte dann auch den Gesang der Engel, der von wunderbarer Lieblichkeit und großer Süße war. 13 Und sofort zog sich der Leib der Jungfrau, der vor der Geburt ganz angeschwollen gewesen war, zusammen, und da schien ihr Körper von wunderbarer Schönheit und zart zu sein.
14 Sobald die Jungfrau fühlte, dass sie schon geboren hatte, betete sie sofort mit geneigtem Haupt und gefalteten Händen, mit großer Würde und Ehrfurcht den Knaben an und sagte zu ihm: „Willkommen, mein Gott, mein Herr und mein Sohn!“ 15 Nun weinte das Kind und zitterte wie vor Kälte und wegen der Härte des Estrichs, auf dem es lag, wälzte sich ein wenig und streckte die Glieder aus, um Schutz und mütterliche Zärtlichkeit zu finden. 16 Da nahm die Mutter das Kind auf den Arm, drückte es leicht gegen ihre Brust und wärmte es an Wange und Brust mit großer Freude und dem zarten Mitgefühl einer Mutter. 17 Dann setzte sie sich auf die Erde nieder, nahm ihren Sohn auf den Schoß und griff mit ihren Fingern feinfühlig nach der Nabelschnur, die sofort abgetrennt war, und es kam daraus weder Feuchtigkeit noch Blut hervor. 18 Und sofort begann sie, ihn sorgfältig einzuwickeln, zuerst in die leinenen und dann in die wollenen Tücher, und sie band den kleinen Körper, die Beinchen und Ärmchen, mit dem Wickelband zusammen, das an die vier Enden des oberen wollenen Tuches angenäht war. 19 Nachher aber wickelte sie um das Köpfchen des Kindes die beiden leinen Tüchlein, die sie dazu bereitgelegt hatte. 20 Nachdem alles fertig war, kam der alte Mann herein, warf sich zu Boden, betete ihn mit gebeugten Knien an und weinte vor Freude. 21 Und die Jungfrau veränderte sich auch nicht bei der Geburt in Verfärbung oder Schwache, und es fehlte ihr auch nicht irgendeine körperliche Kraft, wie es bei anderen gebärenden Frauen zu geschehen pflegt, außer dass sich ihr schwellender Leib zurückzog bis zu dem früheren Zustand, in dem sie sich befand, bevor sie den Knaben empfangen hatte. 22 Nun aber erhob sie sich, hielt den Knaben auf ihren Armen, und beide, nämlich sie und Josef, legten ihn zusammen in die Krippe, beteten ihn an mit gebeugten Knien, mit großer Freude und unermesslicher Fröhlichkeit (vgl. Lk 2,7).
Kapitel 22
Offenbarung in Bethlehem an der Krippe des Herrn über dasselbe wie oben.
Später erschien mir am gleichen Ort wiederum die Jungfrau Maria und sagte: „Meine Tochter, es ist lange her, dass ich dir in Rom versprochen hatte (siehe Rev. VII 1:6), dass ich dir hier in Bethlehem die Art meines Gebärens zeigen würde. 2 Und wenn ich dir auch in Neapel etwas darüber gezeigt habe, nämlich in welcher Weise ich stand, als ich meinen Sohn gebar, sollst du dennoch auf gewisseste wissen, dass ich so stand und in solcher Weise gebar, wie du es jetzt gesehen hast, nämlich mit gebeugten Knien, betend und allein im Stall. 3 Ich habe ihn aber mit so großem Jubel und Freude der Seele geboren, dass ich keinerlei Beschwerde fühlte, als er aus meinem Körper austrat, noch irgendeinen Schmerz. Sondern sofort habe ich ihn in saubere Windeln eingewickelt, die ich lange zuvor vorbereitet hatte. 4 Als Joseph das sah, verwunderte er sich mit großer Freude und Fröhlichkeit, dass ich ohne jede Hilfe geboren hatte. 5 Aber weil eine große Menge von Leuten in Bethlehem mit der Volkszählung (vgl. Lk 2,1) beschäftigt war, darum haben sie so sehr darauf geachtet, dass die Wunder Gottes unter ihnen nicht verbreitet werden konnten. 6 Und darum wisse es wahrhaft: obwohl die Menschen dem menschlichen Empfinden entsprechend versuchen, zu behaupten, dass mein Sohn auf die allgemeine Weise geboren wurde, so ist es dennoch wahrer und ohne irgendeinen Zweifel, dass er so geboren wurde, wie ich dir ein anderes Mal gesagt habe und wie du es jetzt gesehen hast.“
Kapitel 23
An der Krippe des Herrn geschah derselben Frau in Bethlehem diese Vision, wie die Hirten zur Krippe kamen, um den geborenen Christus anzubeten.
Ich habe auch am selben Ort gesehen, während die Jungfrau Maria und Joseph dastanden und das Kind in der Krippe anbeteten, dass dann Hirten und Hüter der Herden kamen, um das Kind zu sehen und es anzubeten (vgl. Lk 2,8 ff.). 2 Als sie es gesehen hatten, wollten sie zuerst erforschen, ob es männlich oder weiblich wären, weil die Engel ihnen verkündet hatten, dass der Erlöser der Welt geboren sei, und sie hatten nicht ‚Erlöserin’ gesagt. 3 Da zeigte ihnen also die Jungfrau Mutter die Natur und das Geschlecht des männlichen Kindes. Sie beteten es sofort mit großer Ehrfurcht und Freude an, und nachher kehrten sie zurück, lobten und verherrlichten Gott in all dem, was sie gehört und gesehen hatten (vgl. Lk 2,20).
Kapitel 24
Diese Offenbarung hatte sie in Bethlehem in der Kapelle, wo Christus geboren wurde. Darin erzählt die Jungfrau Maria ihr, wie die drei Magier Christus, ihren Sohn, angebetet haben.
Es sagte mir auch dieselbe Mutter des Herrn: Meine Tochter, du sollst wissen, dass, als die drei Magierkönige in den Stall gekommen waren, um meinen Sohn anzubeten (vgl. Mt 2,11), ich wohl zuvor ihre Ankunft vorausgesehen habe. 2 Und als sie eingetreten waren und ihn angebetet hatten, da jubelte mein Sohn und hatte vor Freude ein fröhliches Gesicht. 3 Auch ich habe mich sehr gefreut und habe in wunderbarer Freude des Jubels in meinem Geist frohlockt, wartete auf ihre Worte und Taten, bewahrte und sammelte sie in meinem Herzen.“ (vgl. Lk 2,19).